UN-Direktorin: Extreme Ungerechtigkeiten erfordern radikale Lösungen

Vor 100 Jahren wurde der erste Weltfrauentag begangen. In diesem Jahr steht der Internationale Frauentag am 8. März unter dem Motto “Menschenwürdige Arbeit für Frauen”. Inés Alberdi, die spanische Direktorin des UN-Frauenfonds befürwortet eine Frauenquote für Führungspositionen in der Wirtschaft: “Extreme Ungerechtigkeiten erfordern radikale Lösungen”.

verbreitet über den Evangelischen Pressedienst (epd), 03/2011 >>

epd: Am 8. März gehen Millionen Frauen weltweit auf die Straße, um für bessere Lebensbedingungen zu kämpfen. Was verbindet eine Deutsche mit einer Frau aus Burkina Faso?
Alberdi: Auf den ersten Blick lassen sich die Lebensbedingungen natürlich nicht vergleichen. Doch es gibt durchaus Themen, die Frauen auf der ganzen Welt beschäftigen: In nahezu allen Ländern werden Frauen bei gleicher Leistung schlechter bezahlt als männliche Kollegen und sollen sich quasi “nebenbei” um Kinder und Haushalt kümmern. Natürlich ist ein Frauentag neben 364 Männertagen zu wenig. Doch es ist ein Anfang: Am 8. März kommen oft gerade diejenigen Frauen zu Wort, die sonst keine Stimme haben.
epd: In diesem Jahr wird über “angemessene Arbeit” und Frauen im Arbeitsleben diskutiert. Unterstützen Sie eine Frauenquote für Führungspositionen in Unternehmen?
Alberdi: Ja, ich bin für eine vorübergehende Quote, da Frauen jahrzehntelang weniger Chancen hatten und jetzt einen Anschub brauchen. Extreme Ungerechtigkeiten, wie wir sie auch in europäischen Vorständen haben, erfordern radikale Lösungen – aber eben nur so lange, bis sich Frauen ihren Platz erobert haben. Es gibt doch Quoten für alles Mögliche: für Basken und Katalanen im spanischen Parlament, für Ländervertretungen in den Vereinten Nationen, nur die Frauenquote erregt einen solchen Widerstand.
epd: Viele Frauen beklagen, es fehle an weiblichen Vorbildern – gab es für Sie eine Frau, die Sie beeindruckt und motiviert hat?
Alberdi: Meine Mutter war ein unmittelbares Vorbild. Sie kam aus einem kleinen Dorf und bekam früh sehr viele Kinder, vor allem viele Töchter. Doch obwohl sie selbst nur eine rudimentäre Ausbildung und wenig Geld hatte, legte sie großen Wert darauf, dass alle ihre Töchter studieren konnten. Was meine Mutter selbst nicht erreichen konnte, erkämpfte sie für die nächste Generation. Als Studentin habe ich vor allem die Autobiografien von Simone de Beauvoir und von Virginia Woolf bewundert. Im Gegensatz zu ihren Brüdern durfte Woolf nicht studieren – und trotzdem wurde sie eine große Schriftstellerin.

Übersetzt aus dem Spanischen.

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