Kanada muss Pflegekindern Milliarden zahlen

Indigene Kinder werden in Kanada sehr häufig von ihren Eltern getrennt und in Pflegefamilien gesteckt. Nach dem Urteil eines Bundesgerichts muss der kanadische Staat deshalb und wegen der schlechten Versorgung in Reservaten hohe Entschädigungen zahlen. Doch der Rechtsstreit könnte weitergehen.

gesendet am 16.10.2021 in der Sendung “Eine Welt” des Deutschlandfunk >>

Anmoderation:

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hat bei seinem Amtsantritt vor sechs Jahren versprochen, die Rechte der Indigenen zu stärken und mit ihnen eine Beziehung auf Augenhöhe aufzubauen. Bei historischem Unrecht kommt er seinem Versprechen nach: Trudeau setzt sich dafür ein, dass die staatliche Zwangsassimilation durch Residential Schools aufgearbeitet wird. Doch der Staat trennt auch heute noch viele indigene Kinder von ihren Eltern; sie werden nicht mehr in Internate, sondern in Pflegefamilien gesteckt. Und mit juristischen Mitteln versucht die kanadische Regierung Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe zu verhindern. Jetzt könnte sie noch einmal in Berufung gehen. Christina Felschen über eine Krise, die sich mit Symbolpolitik nicht lösen lässt.

Erzählerin:

Natasha Okemow hat ihre Mutter erst als Erwachsene kennengelernt. Auch dass sie indigen ist, vom Volk der Cree, erfuhr sie erst mit 18 Jahren. Das Jugendamt hatte sie als Kleinkind von ihrer Familie getrennt.

O-Ton (Okemow):

„All die Jahre fragte ich mich, wer meine Eltern sind, wie sie aussehen, ob ich Geschwister habe. Warum ich nicht bei ihnen bleiben durfte, ist mir noch immer nicht ganz klar. Meine Oma musste wie viele Überlebende der Residential Schools ihre Kinder abgeben. Also wuchs meine Mutter im Pflegesystem auf – weshalb man auch ihr nicht zutraute, sich um uns zu kümmern. Das Jugendamt hat ihr keine Chance gegeben.“

Anhören im Player des Deutschlandfunk (6’25 Min.) >>

Headerphoto: Jess Zoerb/Unsplash