Wer die ehemalige Unternehmerin Kathleen O’Neill in ihrem neuen Zuhause besuchen will, fährt von San Francisco 90 Minuten ins Landesinnere – und kommt in eine andere Welt. Der Highway wird vier-, drei-, zweispurig, die grünen Hügel verfärben sich erst gelb, dann braun. Hütten wie aus dem Baumarktkatalog bis zum Horizont, Omagardinen in allen Fenstern, umgeben von Bauzäunen so hoch wie die Häuser selbst. Dazwischen Güllesilos, Lagerhallen und Fast-Food-Ketten. Elf Abfahrten führen nach Stockton; die Stadt liegt flach und ausgestreckt da, wie das Central Valley selbst.
Unter einem der Autobahnkreuze wohnt Kathleen O’Neill – eine Adresse, die sie nicht gern nennt. Zelte säumen die Straße, Bretter und Decken schützen vor Wind und neugierigen Blicken. Neben einem Zelt steigt Qualm auf, eine uralte Frau kocht Wasser auf offener Flamme. „Vor Jahren hätte ich noch gedacht: ‚Obdachlose? Das sind doch die Drogenabhängigen, die sich gehen lassen. Kann mir nicht passieren.‘“ O’Neill sitzt auf einer Bank, über ihr brettern Trucks mit Gemüse und Pendlern in Richtung Bay Area und Vans voller Touristen in die Gegenrichtung, zum Yosemite-Nationalpark. Wer hier nicht abfahren muss, fährt auch nicht ab. O’Neill blieb nichts anderes übrig.
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