Es gibt keine „America First“-Wissenschaft

Klimawandel ist eine Lüge und Wissenschaft braucht keinen Austausch: Donald Trump legt die Wahrheit alternativ aus – sehr zum Verdruss von US-Forschern. Ein Gespräch mit der Politologin Beverly Crawford von der Universität Berkeley, die derzeit zu Fake News forscht.

veröffentlicht im DAAD-Magazin Letter, S. 8-11, Mai 2017 >>

Professor Crawford, bevor Obama 2012 wiedergewählt wurde, haben Sie der künftigen Regierung in einem Artikel geraten, eng mit anderen Ländern zu kooperieren und nicht militärisch Macht auszuüben, sondern sanft Einfluss zu nehmen wie Europa – mit Diplomatie, humanitärer Hilfe und Friedenseinsätzen. Donald Trump hat beide Prinzipien auf den Kopf gestellt: Er schottet die USA ab, kürzt Entwicklungshilfe und hebt das Militärbudget an. Was würden Sie Trump heute raten?

Ich würde ihm eine 180-Grad-Wende empfehlen, aber er würde mir nicht zuhören. Was haben die USA mit ihren Militäreinsätzen nach dem Zweiten Weltkrieg erreicht? Wir haben die Teilung Koreas verfestigt, Vietnam verloren und unser Irak-Krieg hat die IS-Miliz groß gemacht. Und jetzt sterben Hunderte Zivilisten bei Militärschlägen der US-geführten Truppen in Syrien und im Irak. Diese Regierung muss erst massiv scheitern, ehe sie sich wieder zu mehr Diplomatie bekennt. Wenn Deutschland und andere Länder gemeinsam soft power ausüben und die USA außen vor bleiben, besinnt sich unsere Regierung vielleicht. Wir stehen vielen neuen Bedrohungen gegenüber: Klimawandel, Cyberangriffe und Terrorgruppen. Gegen all das kommen wir nur mit Geschick und Strategie an.

Die Wahrnehmung von Wahrheit hat sich seit dem US-Wahlkampf verschoben; Trump-Wähler schenken Falschnachrichten mehr Glauben als Journalismus und Wissenschaft. Wie können Forscher Glaubwürdigkeit zurückgewinnen?

Menschen interessieren sich Studien zufolge mehr für eine gute Geschichte als für Fakten – sie hören lieber, dass Hillary Clinton eine Betrügerin ist und ins Gefängnis gehört, als dass der CO2-Gehalt in der Luft steigt. Wir Wissenschaftler müssen unsere Elfenbeintürme verlassen und ein breiteres Publikum jenseits unserer Seminare und Fachjournale ansprechen. Den Ottonormalwähler können wir nicht einfach mit Fakten bombardieren; wir müssen unsere Erkenntnisse in Geschichten verpacken, die an ihre Alltagserfahrung anknüpfen. Das gilt für Forscher auf der ganzen Welt: Auch in Europa könnten Falschmeldungen und Verschwörungstheorien zum Beispiel die Wahlen beeinflussen.

Donald Trump plant ja Kürzungen bei der Klimaforschung…

… und bei den meisten internationalen Programmen.

Sehen Sie die Freiheit der Wissenschaft in Gefahr?

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