Gegen Hass, gegen Angst, gegen Trump

“Welcome to the United States”. Für Einwanderer und Flüchtlinge gilt das unter Trump nicht mehr. An San Franciscos Flughafen wird demonstriert, laut und meinungsstark.

veröffentlicht am 31. Januar 2017 auf ZEIT ONLINE sowie auf dem ZEIT-Instagram-Account von Februar bis April 2017 >>

„Emirates Flug 225 aus Dubai ist soeben gelandet.“ Die Lautsprecherstimme in der Empfangshalle G des Flughafens San Francisco geht in Jubel unter. Aisha Saeidi trommelt im Rhythmus gegen die Gitterstäbe zum Transitbereich. Sie ist 12 Jahre alt, Kopftuchträgerin und in ihrem Element. „No hate, no fear, refugees are welcome here!“ Kein Hass, keine Angst, Flüchtlinge sind hier willkommen. So sieht Aisha das. Anders als Donald Trump. Für den US-Präsidenten sind Flüchtlinge nicht länger willkommen.

Die ersten Reisenden, die dann aus dem Transitbereich kommen, sind Geschäftsleute, Rollkoffer hinter sich herziehend, verwirrte Blicke. Auf der anderen Seite der Absperrung warten ein paar Tausend Menschen mit Snacks, Postern, Flaggen und einer Blaskapelle als würden sie Charles Lindbergh nach seinem ersten Atlantikflug begrüßen. Eine Frau sieht Aisha, die die Faust reckt wie eine Revolutionskämpferin, und erwidert die Geste – offenbar berührt von der Komik der Situation: Ein muslimisches Mädchen begrüßt “Flüchtlinge”, die sich als weiße Anzugträger herausstellen.

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#Trump100
Anfang 2017 haben meine Kollegen bei ZEIT ONLINE und ich für die Reihe #trump100 100 Menschen aus den USA gefragt, wie sich ihr Leben in der noch jungen Präsidentschaft Trumps verändert hat…

Samy Sekar liebt #kalifornien , wo sie an der Stanford University promoviert, aber sie beschloss, ihren Wohnsitz in #ohio zu behalten. “In einem Swing State zählt meine Stimme mehr als in einem Staat, der sowieso demokratisch wählt.” Die 26-Jährige hatte vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten “mehrmals pro Woche” ihren Senator und Kongressabgeordneten angerufen, damit diese beiden Republikaner sich gegen Kabinettsmitglieder aussprechen, die sie für “besonders gefährlich” hält – etwa Ex-Breitbart-Chef Steve Bannon. “Die Mitarbeiter am Telefon stimmten mir zu, dass Bannon zu weit geht und versprachen, den Abgeordneten um ein Statement zu bitten.“ Doch er tat es nicht – und #Bannon wurde Trumps Chefstratege. Ist das nicht frustrierend? “Im Gegenteil, ich bin optimistischer denn je, die Bürgerproteste haben schon viel erreicht! Wir liberalen Amerikaner sind in den Obama-Jahren zu bequem geworden, aber jetzt fühlt sich das Protestieren richtig an, weil so offensichtlich so viel auf dem Spiel steht.” (? & Protokoll: @chessocampo ) #trump100 #100daysoftrump #trumpprotest #stanforduniversity #california #studentprotest #muslimban #trump

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“Während des Wahlkampfes war ich davon überzeugt, dass sich Donald Trump alles nur ausdenkt, um die Wahl zu gewinnen. Aber jetzt macht er es wahr”, sagt Tariq (links), ein 12-jähriger Pfadfinder aus der San Francisco Bay Area. “Ich kann meinen Kindern nicht verheimlichen, was gerade in den USA passiert”, sagt seine Mutter Maliha Quazn, die für ihr Biologiestudium vor 20 Jahren aus #afghanistan in die #usa gezogen ist. “Sie bekommen es bei den Pfadfindern, auf der Straße oder in den Nachrichten sowieso mit. Weil sie mit der Politik von Donald Trump nicht einverstanden sind, habe ich ihnen erlaubt, mich zur Demonstration zu begleiten. So lernen sie, dass wir den Lauf der Dinge nicht dem lieben Gott überlassen dürfen. Menschen müssen sich selbst bemühen, die Welt zum Guten zu verändern.” #trump100 #100daysoftrump #trump #sanfrancisco #sfoprotest #trumpprotest #boyscouts (? & Protokoll: @chessocampo)

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“Wir haben Freunde, die als Ausländer ohne Visum oder #greencard in den USA leben. Seit Donald #trump an die Macht gekommen ist, fürchten sie abgeschoben zu werden – dabei arbeiten sie in Kalifornien und haben hier Kinder zur Welt gebracht“, sagt Christina Roark, 30, die mit ihrer Freundin Charly und den Kindern Alex, Livy und Kelly zu einer Demonstration gegen den #muslimban nach San Francisco gekommen ist. “Weil sie sich nicht mehr trauen, auf Demonstrationen zu gehen, erheben wir für sie unsere Stimme. Heute hat Trump es auf Muslime abgesehen, aber morgen können schon die Einwanderer ohne Papiere dran sein.” #trump100 #100daysoftrump #sfo #sfoprotest #sanfrancisco #nobannowall #trumpprotest (? & Protokoll: @chessocampo)

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“Wir wollen als kritische Entwickler sichtbar werden und unseren Kollegen zeigen, dass Proteste effektiv sind und in unsere #SiliconValley-Kultur passen“, sagt Lea Yu, Startup-Gründerin und #Yale-Absolventin aus #SanFrancisco. Sie hat vor dem Hauptgebäude des Software-Konzerns #Palantir im Silicon Valley eine Demonstration organisiert und fordert, dass Peter Thiel, der Mitbegründer von Palantir, sich nicht an der Programmierung einer Datenbank für Muslime oder Einwanderer beteiligt. “Theoretisch ist Software-Ingenieuren klar, welche Folgen ihre Programme haben können, doch einige wollen die Verantwortung dafür nicht übernehmen. Das wollen wir von der #TechWorkersCoalition ändern. Wir glauben, dass Entwickler ihre Privilegien und ihren Wohlstand nutzen müssen, um sich mit anderen Teilen der Zivilgesellschaft zu solidarisieren, die sich schon lange für eine offene, inklusive und gleichberechtigte Gesellschaft einsetzen.” #trump100 #100DaysOfTrump #paloalto #california #technology #instatech #peterthiel #borderland (📷 und Protokoll von @chessocampo/ Christina Felschen)

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“Andere Afroamerikaner halten mich für verrückt, aber ich habe nichts gegen Trump”, sagt Rick Jones aus Atlanta, der Schulbusse in den gesamten USA ausliefert. “Meine Kumpel fragen mich: ‘Wie kannst Du einen Rassisten unterstützen? Bist Du ein Uncle Tom, der sich bei weißen Unterdrückern einschleimen will?’ Aber ich finde es sympathisch, dass Donald Trump sein eigenes Ding durchzieht und es nicht allen Recht machen will wie die Demokraten. Dass er zuerst seinen eigenen Leuten – reichen Weißen – hilft, kann ich verstehen. Mit armen Menschen, Afroamerikanern oder Hispanics kennt er sich halt nicht aus. Meine elfjährige Tochter und meine Mutter haben sich Hillary Clinton als Präsidentin gewünscht. In letzter Zeit denke ich manchmal, sie hatten Recht. Trump wollte offenbar nicht wirklich Präsident werden und hofft jetzt auf ein Absetzungsverfahren – anders kann ich mir sein Verhalten nicht erklären. Dass er sich überall auf der Welt Feinde macht, ist nicht cool! Wir können nicht noch einen Krieg gebrauchen. Vielleicht sollte ich selbst mal als Präsident kandidieren: Ich fahre jetzt schon die meiste Zeit durchs Land, kenne mich in den Appalachen genauso aus wie in Kalifornien und New York – und ich werde von den unterschiedlichsten Leuten nach Hause eingeladen.” #trump100 #100daysoftrump #arizona #atlanta #tucson #usa #trump (📷 & Protokoll: @chessocampo)

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"Wenn Donald Trump den Mund aufmacht, kommt nur Hass und Chaos heraus", sagt die Künstlerin Kira Od, 56, die mit dem Software-Ingenieur John Lau am #TechStandsUp-Protest in Palo Alto teilnimmt. "Ihm fehlt jeder Respekt für die Wahrheit, für das Gesetz, für menschlichen Anstand. Wenn nötig, würde er unser Land zerstören, um an der Macht zu bleiben. Zum Glück haben wir Redefreiheit in den USA, aber niemand darf diese Freiheit für Panikmache und Propaganda ausnutzen. Deshalb habe ich Trump gezeichnet, wie er mir am liebsten wäre – mit zugeklebtem Mund. Trumps Art, Minderheiten für die Probleme seines Landes verantwortlich zu machen, sich rund um die Welt Feinde zu machen und sich selbst als Heilsbringer zu präsentieren, erinnert mich – sorry – an Hitler. Deshalb müssen wir wachsam und mutig bleiben und selbst von unserer Redefreiheit Gebrauch machen." #trump100 #100daysoftrump #techprotest #California #SiliconValley #usa #trump #art #instaart #artistsofinstagram #freedomofspeech (📷 & Protokoll: @chessocampo)

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#Trump1000

…Zum 1.000. Tag unter Präsident Trump lassen wir einige noch einmal zu Wort kommen.

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"Indem er die Umwelt unter Druck setzt, Flüchtlinge dämonisiert und internationale Allianzen zerstört, hat Trump uns 1.000 Tage lang Tumult, Erniedrigung und Lügen ausgesetzt“, sagt die Künstlerin Kira Od. "Wenn ein eigennütziger Gangster für die größte Volkswirtschaft der Welt verantwortlich ist und ein beispielloses Atomwaffenarsenal zur Verfügung hat, ist das eine Bedrohung für die gesamte Menschheit. Seit Anfang 2017 habe ich sieben aufwendige 'Unpresidential Portraits‘ von ihm gezeichnet, die ich auf Protestmärschen getragen habe. Sie werden ihn nicht aus dem Amt vertreiben, aber sie geben denjenigen Mut, die ihn als das erkennen, was er ist." Ein Trump-Porträt zeigte Kira Od unserer Reporterin Christina Felschen bereits beim Zusammentreffen im Frühjahr 2017. Heute sagt die Künstlerin: "Wir dürfen nicht verzweifeln. Wir US-Amerikaner müssen kämpfen – und wählen –, um ihn ins Gefängnis zu bringen und den Aufstieg der Unternehmensmacht auf Kosten von 99 Prozent der US-Öffentlichkeit zu stoppen." Anfang 2017 haben wir für unsere Reihe #trump100 100 Menschen aus den USA gefragt, wie sich ihr Leben in der noch jungen Präsidentschaft Trumps verändert hat. Zum 1.000. Tag unter Präsident Trump lassen wir einige noch einmal zu Wort kommen. Bild 1: Kira Od, 2019, Foto: John Lau Bild 2: Kira Od, 2017, Foto @chessocampo Protokoll: Christina Felschen #trump1000 #1000daysoftrump#trump #donaldtrump #usa

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"Als Trump sein Amt gerade angetreten hatte, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich eines Tages noch schlechter über seine Präsidentschaft denken würde als damals schon", sagt Samy Sekar aus der San Francisco Bay Area. "Doch so ist es gekommen: Die Angst vor dem, was passieren könnte, ist einer Wirklichkeit gewichen, in der ein autoritär regierender Präsident unsere Demokratie zu untergraben versucht und in der die meisten Republikaner ihm dies ermöglichen. Nach der Wahl habe ich das Thema meiner Doktorarbeit komplett geändert, um mich damit zu beschäftigen, warum die US-Politik in vielen Bereichen anscheinend nicht den Willen der Bevölkerung repräsentiert, vor allem beim Klimaschutz und Waffengesetzen. Vor Kurzem habe ich eine Vollzeitstelle für eine Organisation angenommen, die Studien für progressive KandidatInnen und Kampagnen durchführt. Ich kann also wohl behaupten, dass Trumps Wahl mein Leben verändert hat." Vor zweieinhalb Jahren beschrieb Samy Sekar ihr Engagement gegen Trumps damaligen Chefstrategen Steve Bannon – und erzählte, dass sie ihren Wohnsitz in Ohio behält, auch wenn sie in Kalifornien promoviert. "In einem Swing State zählt meine Stimme mehr als in einem Staat, der sowieso demokratisch wählt." Anfang 2017 haben wir für unsere Instagram-Reihe #trump100 100 Menschen aus den USA gefragt, wie sich ihr Leben in der noch jungen Präsidentschaft von Donald Trump verändert. Bild 1: Samy Sekar, Foto: Chrystal Redekopp Bild 2: Samy Sekar, 2017, Foto: Christina Felschen (@chessocampo) Protokoll: Christina Felschen #trump1000 #1000daysoftrump #trump #donaldtrump #usa

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