Wie’s blinkt und blitzt im Bötzow-Kiez

Ein Gewitter hat es auf meinen neuen Kiez abgesehen. Am Ende verstehe ich, warum.

Baal anno 2009
Schlaftrunken bin aufgewacht an diesem Sonntagmorgen, wie so viele Berliner. Und dazu mussten wir nicht einmal trinken, nur da sein. Also hier, nicht da; ausgerechnet diese Straße mit ihren teuren Lokalen und Weinen bot gestern Nacht Kopfschmerzgarantie.
Es hätte sich jeden Ort aussuchen können zwischen Ostseeküste und Sächsischer Schweiz; kein Gebirge hat es auf diese paar Quadratkilometer Berlin hinuntergezwungen, kein Spitzel die drei Millionen schlafenden Seelen verraten. Das Gewitter selbst wollte es so.
Ich hatte gerade das Licht gelöscht, als ein kalter Schein das Zimmer ausleuchtete. Der nächste Blitz fiel fast mit dem Donner zusammen, dann wurde es totenstill. Selbst das Sektglasgeklimper von gegenüber war verstummt.
Hellwach stehe ich mit einem Riesensatz auf dem Balkon, hole den Metallstuhl rein und schließe die Türen. Es regnet kaum. Umso besser ist das
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zu hören. Ein sehr fremdes Geräusch. Nie gehört, gleich erkannt.
Instinktiv kneife ich die Augen zusammen. Donner lässt die Wände vibrieren. Oder ist Baal zurückgekehrt? Unten jault eine Alarmanlage wie ein Tier bei der Schlachtung. Nach einer Ewigkeit taste ich mich zum Fenster, gegenüber gehen die Lichter an, von unten leuchtet es feuerwehrblau. Barfuss steige ich in eine Pfütze auf dem Balkon. Der Regen hat eingesetzt, die Straße liegt verlassen und apokalyptisch dar.
Ob es dem Gewitter mehr Spaß macht Berlin zu erschrecken als Wadersloh? Ob es lieber den Reichen und Schönen in Prenzlauer Berg seine Macht demonstriert als dem Ottokleinstverbraucher in Marzahn? So denke ich, während ich auf der Suche nach Rauch die Straße hinunter – und unser Haus hochblicke. Und im selben Moment verstehe ich das Gewitter.